zu Besuch in 
 Dörrenbach 
 (Teil 2 von 3) 

Teil 2

Was läuft gerade?

Mittlerweile ist die Dörrenbacher Welt noch bunter geworden: dies zeigt sich bspw. an der gut angenommenen Jugendfeuerwehr, an der Jugendgruppe der Eselsbühne, das Märchentheater hat sich neu formiert, und der christliche Krankenpflegeverein organisiert Nachbarschaftshilfen (bspw. Arzt- oder Einkaufsfahrten, Vorlesen oder Zuhören). [7]

Zutat [7] im Erfolgsrezept

Mitgestaltungsmöglichkeiten schaffen (z.B. Kinder- und Märchentheater)

Aber auch Einzelaktionen sind von Bedeutung: so haben Eltern den Grillplatz und die Freilichtbühne geräumt und gesäubert, so dass dort im Sommer Kindertheateraufführungen stattfinden können. Oder für die Säuberung des Waldfriedhofs fanden sich spontan über 20 Personen zusammen. Mit dem G’schichde Pädl haben sich viele an dem Bau und der Gestaltung von Bücherschränken (G’schichde Kischde) entlang Dörrenbachs Gassen (Pädl) beteiligt, unterstützt durch Materialspenden und einem Zuschuss sowie durch praktische Unterstützung des ortsansässigen Schreiners. Und auch Frank Cmuchal, freischaffender Künstler und Illustrator, hat seine künstlerischen Spuren in dem Dorf hinterlassen: sei es an der Mitfahrerbank, an der Bushaltestelle oder der Häuserfassade, überall findet sich seine Handschrift.

Dass man diese Unterstützung durch Vereine und Freiwillige dringend braucht, davon berichtet Sven Krieger, Ortsbürgermeister von Dörrenbach. Hauptberuflich ist er Werkfeuerwehrmann und ist daher auf andere angewiesen, um etwas im Dorf zu bewegen. Sich persönlich einzubringen aber selbst nicht zu übernehmen, gegenseitig aufeinander aufzupassen, sich fallweise auch mal zu bremsen oder zu akzeptieren, dass manchmal auch nichts gemacht werden kann, sind Lehren aus seiner bisherigen Amtszeit. [8] Er sieht sich daher vor allem in einer Unterstützungsrolle. Eher untypisch für „Berufs“kolleg*innen transportiert er glaubhaft, dass ihm die Bürgermeisterrolle großen Spaß und viel Freude bringt und er diese gerne wahrnimmt.

Zutat [8] im Erfolgsrezept

Gegenseitig aufeinander aufpassen um Überforderung zu vermeiden (z.B. Achtsamkeit für sich und andere)

Zutat [9] im Erfolgsrezept

Teilhabe an Festen und Veranstaltungen für alle ermöglichen – inklusive Ansätze (z.B. kostenlose oder -günstige Teilnahme an Festen und Veranstaltungen, Abhol-/Fahrservice für Ältere, Teilnahmevarianten an Wanderungen für unterschiedliche Fitness-Level)

Diese Achtsamkeit aufeinander beschränkt sich jedoch nicht auf die Aktiven. Eine kostenlose Teilnahme oder günstige Preise an Veranstaltungen und Festen ermöglichen es möglichst Vielen, an diesen teilzunehmen und sich als Teil der Gemeinschaft zu erleben. Diejenigen, die nicht mehr so mobil sind, werden auf Wunsch abgeholt und auch zurückgebracht. Oder können an Wanderungen teilnehmen, dann mit kürzerer oder weniger anspruchsvoller Strecke oder sogar nur am anschließenden Einkehren. Denn es geht nicht um „Strecke“, sondern um „Gemeinschaft“. [9]

Für ihn ist es wichtig, dass die Bürger*innen sehen, dass etwas passiert. Auch dazu dient die Dorf-App, die immerhin 468 Nutzer*innen hat, wohlgemerkt bei nur 921 Einwohner*innen! Und wenn sich dann etwas bewegt, dann sind auch viele dabei. Seine Empfehlung ist, Bürger*innen soweit es geht einzubinden und auf deren Wünsche einzugehen.

Mittlerweile arbeiten fast alle Vereine enger zusammen und schaffen damit neue Synergien. Dabei geht es nicht ohne das persönliche Engagement Einzelner, egal ob Einheimischer oder Zugezogener. Denn das braucht es, um etwas zu bewegen und zu verändern. Im Vordergrund der Aktivitäten stehen Ziele, die für Dörrenbacher*innen sinnstiftend sind. Am Ende gibt es immer mehr Ergebnisse, die sich sehen lassen können, und auf die alle Beteiligten stolz sein können. Und entsprechend werden diese Erfolge und die daran Beteiligten auch öffentlich zu den verschiedensten Gelegenheiten gelobt und deren Leistung damit anerkannt. „Sinnstiftung und Anerkennung“, laut Hermes Peter Herrmann braucht es beides, und in Dörrenbach ist dies gelebte Praxis. [10]

Zutat [10] im Erfolgsrezept

Engagement öffentlich und glaubwürdig anerkennen (z.B. im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen und Feste)

Zutat [11] im Erfolgsrezept

Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten schaffen (z.B. Café Miteinander, Café Petit Thoma, Feste und Veranstaltungen, Dorf-App)

Aber natürlich gibt es auch Herausforderungen. Thorsten Pradel, der seit 12 Jahren im Gemeinderat sitzt, erzählt bspw. von den immer höher werden TÜV-Anforderungen für die Umzugswagen der Martini-Kerwe. Oder davon, dass der auflagenbedingte Neubau des Kindergartens Unmengen kosten wird und damit andere, ebenfalls sinnvolle oder wichtige Aktivitäten lahmlegen wird. Und auch davon, dass trotz allem vieles noch an zu wenigen Köpfen hängt. Udo Derieth, der 2014 vor allem auch wegen des Kindergartens und der Grundschule mit seiner Familie nach Dörrenbach gezogen und seit drei Jahren auch Mitglied des Gemeinderates ist, berichtet von der Schwierigkeit im Bereich der hausärztlichen Versorgung, da Nachfolgen noch ungeklärt sind. Oder dass der Bäcker vor Ort sich dem Rentenalter nähert, ebenfalls mit ungeklärter Nachfolge. Von den früher 12 Gaststätten und den 35.000 Übernachtungen pro Jahr ist heute kaum noch etwas zu sehen – keine einzige Gaststätte gibt es heute noch in Dörrenbach. Silke Hohaus-Wensauer und Markus Hohaus, die den einzig verbliebenen Anlaufpunkt, das Café Petit Thoma, als Herzensangelegenheit gestartet und betrieben und damit einen Ort des Austauschs und der Gemeinschaft geschaffen hatten [11], verlassen gerade schweren Herzens den Ort und hoffen auf eine Nachfolge. Und der Bürgermeister berichtet auch von Auflagen des Naturschutzes, so dass von vormals 10 Wohnmobilstellplätzen jetzt nur noch 3 angeboten werden dürfen, während es sowieso kaum noch Übernachtungsmöglichkeiten im Ort gebe.

Manche Herausforderungen lassen sich aber auch umwandeln in Chancen: auch für das Dornröschenfest, das mittlerweile von ca. 100 Aktiven organisiert und umgesetzt wird, stiegen die Auflagen bspw. in Bezug auf das Vorhalten von Ersthelfer*innen. Mit Unterstützung der Feuerwehr wurde vor Ort ein Ersthelferkurs mit 10 Teilnehmenden umgesetzt, die nun nicht nur bei diesem Fest, sondern immer präsent sind. Und eine Spendenaktion für einen Defibrillator am Feuerwehrhaus hat in kürzester Zeit 75% der Kosten eingebracht.

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