zu Besuch in 
 Dörrenbach 
 (Teil 1 von 3) 

Teil 1

Wie es begann …

Unsere Gesprächsreise beginnt mit Hermes Peter Herrmann, diesem Energie und Freude ausstrahlenden Mann, dem man seine 79 Jahren nun so gar nicht ansieht. Seit 2009 ist er Dörrenbacher, seine Frau hatte als Künstlerin damals Figuren für den Dornröschenweg gestaltet. Schon bei der Vorbereitung war uns sein Name als Autor zahlreicher Artikel rund um das Dorf immer wieder begegnet. Er berichtet uns, dass Dörrenbach zu dieser Zeit noch als „verträumt“ galt und nicht immer wegen positiver Themen in der Presse stand. Und dass man sich deswegen auch die Frage gestellt hatte: wie schafft man eine positive Identität für diesen Ort?

Die Mitfahrerbank an einer Bushaltestelle, sowie ein künstlerisch gestalkteter Bücherschrank
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Zutat [1] im Erfolgsrezept

Schaffung von Ankerpunkten für die Identifikation mit dem Ort (hier: Dornröschen sowie Märchen von gestern und heute)

Man fand den Ankerpunkt [1] im Dornröschen. Zur 1000-Jahr Feier des Ortes in 1996 hatte Felicitas Kraus, die wir ebenfalls bei unserem Besuch kenne lernen durften, die Idee, statt einer Weinkönigin, wie dies in vielen Orten an der Weinstraße üblich ist, im Rahmen eines regelmäßigen Festes ein „Dornröschen“ aus dem Ort zu küren. Damit stieg die Bekanntheit und Attraktivität des Dornröschenfestes und von Dörrenbach. Dieses Alleinstellungsmerkmal sollte – so der Entschluss – erhalten bleiben, doch nun sollte es um Märchen nicht nur aus alter, sondern auch aus neuer Zeit gehen.

Neben diesem thematischen Anker hatte man aber auch erkannt, dass Vereine für das Miteinander von tragender Bedeutung sind, inzwischen aber anders funktionieren als in der Vergangenheit. Nicht mehr das Verpflichtende und Regelmäßige zieht Interessierte an, sondern die Schaffung von Angeboten und Aktivitäten, an denen Jede*r niedrigschwellig und ohne Verpflichtungen mitmachen kann – je nach Interesse, zeitlicher Verfügbarkeit und persönlichem Bezug zur Aktivität. [2] Solche Projektgruppen, bestehend aus Vereinsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern, gibt es mittlerweile zu den verschiedensten Bereichen, und so auch für das Dornröschenfest.

Zutat [2] im Erfolgsrezept

Gelegenheiten für niedrigschwelliges freiwilliges Engagement ermöglichen und unterstützen (z.B. Projektgruppen oder Arbeitseinsätze) und damit auch die Entwicklung eines Zugehörigkeitsgefühls befördern (z.B. für Zugezogene)

Zutat [3] im Erfolgsrezept

Vereinsarbeit koordinieren (z.B. Informationsaustausch zwischen den Verantwortlichen) und Synergien schaffen (z.B. über den Förderverein)

In 2019/2020 wurde der Förderverein Dörrenbach gegründet, um den Dorfcharakter „durch aktiven Umweltschutz, Pflege von Ortstreffpunkten, Kulturdenkmälern und Traditionen, Dorfverschönerung sowie die Unterstützung örtlicher Vereine“ zu erhalten. [3] Auf den ersten Blick war dies ein ungünstiger Starttermin, begann dort doch gerade die COVID-19 Pandemie. Marcella Turner-Cmuchal, zugezogene Pfälzerin und aktive Mitgestalterin im Förderverein, berichtet uns jedoch, dass gerade in dieser für das Zusammenleben sicher nicht einfachen und durch „Abstand halten“ geprägten Zeit mit zahlreichen Aktivitäten Nähe geschaffen werden konnte. So wurden bspw. zur Weihnachtszeit Adventsfenster über den ganzen Ort verteilt organisiert, mit etwas Leckerem zu Essen oder zu Trinken, kleineren Darbietungen und vor allem Austausch und Gemeinschaft. Oder auch die Kerweboxen (noch klären was das war), oder dass das Dornröschen ältere Mitbürger*innen zu Hause besucht und Rosen verteilt hat.

Ziel der Dorfgemeinschaft, einer offenen Gruppe, ist der Einsatz für die Verschönerung des Dorfes. Dazu werden die Straßen für Feste geschmückt, Dorffeste organisiert oder die Pflanzen im Dornröschengarten gepflegt. Und dann gibt es noch die Kerwe-Gemeinschaft, den Schützenverein 1960, den Gesangverein Dörrenbach1868, oder den Pfälzerwaldverein mit seinen 100 Mitgliedern, wohlgemerkt in einem Ort mit weniger als 1000 Einwohner*innen.

Das Team „Miteinander“ bietet für die Älteren im Dorf Kaffeekranz und Film- bzw. Themennachmittage. Felicitas Kraus hatte zusammen mit Kolleginnen des Gesangsvereins im Jahr 2018 die Idee für das „Miteinander“, und schon im selben Jahr fanden erstmalig Themencafés, früher im Rathaus und seit Start der Renovierungsarbeiten in der evangelischen Kirchengemeinde, statt. Ihre Männer helfen beim Auf- und Abbau, ein Musiklehrer kommt ab und zu und macht Musik für alle, Kaffee und Kuchen sind selbstgemacht und Teilnehmende können etwas spenden, so dass sich alles selber trägt und seit Gründung ein „Selbstläufer“ ist. [4] Mittlerweile gibt es auch Jüngere, die sich dort engagieren, so dass die Zukunft des „Miteinander“ gesichert ist.

Zutat [4] im Erfolgsrezept

Die Umsetzung von Aktivitäten nicht ausschließlich von der Verfügbarkeit finanzieller Mittel abhängig machen (z.B. Aufrufe zu Arbeitseinsätzen, innovative Ideen, Sach- oder Arbeitsspenden)

Zutat [5] im Erfolgsrezept

Den Bürger*innen zuhören und Bedarfe aufgreifen (z.B. im direkten Gespräch)

Was sich auch in den Gesprächen zeigte ist, dass sich die Grundstimmung im Dorf verbessert hat. Vor allem seit es eine parteiübergreifende Liste im Gemeinderat gibt, habe sich vieles zum Besseren verändert. Dort gehe es mittlerweile um Themen und nicht mehr um Parteien. Wenn auch weiterhin das Interesse der Bürger*innen an Ratssitzungen gering ist, gehen Ratsmitglieder vermehrt raus, sprechen direkt mit den Bürger*innen und bringen sich in die vielfältigsten Aktivitäten auch persönlich ein. [5]

Alles in allem steht auf der „Guthabenseite“ von Dörrenbach eine wunderbare Ortskulisse für das Dornröschenfest, ein Kindergarten sowie eine integrative Grundschule, eine gute Nahverkehrsanbindung an Bad Bergzabern mit dessen Krankenhaus und Klinik, lebendige und vielfältige Vereinsaktivitäten und der Einsatz verschiedenster Medien (Aushang, Homepage, Soziale Medien, Dorf-App), um mit möglichst vielen Bewohner*innen im engen Austausch und Kontakt zu bleiben.

Dabei kann Dörrenbach aufgrund seiner geographischen Lage nicht wachsen – ein vermeintlicher Nachteil. Viele, die hier wohnen, haben jedoch „die Welt gesehen“ und sich dann bewusst für Dörrenbach entschieden und auf freiwerdenden Wohnraum gewartet. Dadurch wurde Dörrenbach ggf. davor bewahrt, ein weiteres „Schlafdorf“ zu werden, wie es andere in der Region gibt. [6] Heute beträgt das Verhältnis aus Einheimischen und Zugezogenen ca. 30% zu 70%. Gerade die Zugezogenen entwickeln häufig besonderes Engagement, da dadurch auch Zugehörigkeit entsteht.

Zutat [6] im Erfolgsrezept

Herausforderungen in Chancen umwandeln (z.B. Ersthelferschulungen, Begrenztheit des verfügbaren Wohnraumes)

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