“Absturz in die Krankheit nach Entlassung”
„Vielleicht habe ich einen Hang zum Höheren. In meinen Manien war ich manchmal überzeugt davon, aus einem Adelsgeschlecht zu stammen. Oder ich glaubte, kurz vor der Ernennung zum UN-Generalsekretär zu stehen. Tatsächlich ging es auch in meinem wirklichen Leben eine Zeitlang steil bergauf. Ich war gerade im Begriff, beruflich so richtig Karriere zu machen, als ich in die Krankheit abstürzte“, berichtet Franz-Josef Wagner in seinem Buch. Er schreibt darüber, wie er als Ingenieur und Kaufmann in einer Firma arbeitete, heiratete, Kinder bekam. Den ersten „Absturz in die Krankheit“ erlebte er, als er in seiner Firma entlassen wurde und sein Sohn mit einer Fehlstellung des Fußes zur Welt kam. Ein Psychiater diagnostizierte eine Schizophrenie und eine Manie. „Acht Monate lang war ich in dem (unrenovierten Wochenend-) Haus am Niederrhein. Es gab kein Wasser, keine Heizung, ich schlief auf unbequemen Holzbrettern. Wenn mir kalt war, fuhr ich in die Sauna. Mein Energielevel war hoch, ich war ständig in Bewegung“, schreibt er über die erste Krankheitsphase. Auch von Depressionen war Franz-Josef Wagner betroffen. Es folgten viele Klinikaufenthalte, Familie und Freunde versuchten, ihm zu helfen. Er setzte zwischendurch die Medikamente ab und erlebte Rückfälle.
Wandern hilft
Anfang der 90er Jahre kam er zum ersten Mal in Kontakt mit der Selbsthilfe und beschloss, sich zu engagieren. Damals wurde das so genannte PsychKG (Psychisch Krankengesetz) reformiert. Es schrieb vor, dass auch Betroffene bei der Planung psychiatrischer Hilfen mit einbezogen werden. Lange war er Vorsitzender der Vereinigung NetzG. Und wie sorgte er privat für seine seelische Gesundheit? In seinem Buch schreibt er: „Ich versuche, im gleichen Rhythmus schlafen zu gehen, einen gleichmäßigen Tages-Nachtrhythmus zu haben, regelmäßige Mahlzeiten und Medikamenteneinnahme, wenig Alkohol, keine Zigaretten und Unregelmäßigkeiten frühzeitig analysieren und erkennen. Bei Unregelmäßigkeiten versuche ich (…) Gegenmaßnahmen einzuleiten“. Heute hilft ihm vor allem das Wandern in der Natur und die Tatsache, dass er eine neue Partnerin gefunden hat. „Ich lebe jetzt 120 Prozent!“, so sein Fazit.
Die Zuhörer*innen stellen Franz-Josef Wagner nach der Lesung noch viele interessierte Fragen, die er ausführlich beantwortet. Schließlich geht der Abend zu Ende und ein paar seiner Bücher über die Ladentheke.